Text vom 23.06.2025 „Kunst gegen Bares“, Köln
Dieser Text streift Themen wie letzte Lebensphase, Sterben und Systemgrenzen.
Es geht nicht ums Aushalten, sondern ums Hinschauen.
Wichtig:
Der Text ist kein Angriff –
sondern ein Protest.
Nicht gegen Menschen,
sondern gegen ein System,
das Menschlichkeit zu oft
starren Paragrafen unterordnet.
Stichwort: Datenschutz.
Und genau darin liegt das Problem.
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Ich spreche Klartext – aus einem Krankenhaus.
Dort, wo Menschen unter schweren Erkrankungen leiden,
plötzlich hilflos werden –
und Angehörige nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll, denn schon steht der nächste Schritt bevor:
die Entlassung aus dem Krankenhaus.
Und genau hier kollidiert Datenschutz mit Menschenschutz.
Was eigentlich schützen soll,
blockiert.
Was ich erzähle, basiert auf Erfahrungen und Beobachtungen – meinen eigenen,
und denen vieler Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen/Sozialwesen.
Der Titel lautet:
„Datenschutz vor Menschenschutz“
und der Text dazu geht so:
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Er hat diese Diagnose, die die Mediziner „lebensverkürzend“ nennen –
und mit dem Wort „Lebensqualität“
das kurative vom palliativen trennen.
Oder:
das Gesundwerden
vom frühzeitigen Sterben.
Die Symptome könne man eindämmen,
sagen sie,
und vielleicht
das kleine Stück Leben durch Qualität verlängern.
Aber –mit anderen Worten:
Der Patient ist sterbenskrank.
Und als sie das sagen,
steht seine Tochter
mit dem Rücken zur Wand.
Sie ist blass im Gesicht, denn die Frage nach der Versorgung ist oberste Pflicht –
und steht wie ein starrer Paragraf im Raum.
Nur noch wenig Zeit die ihm bleibt. Aber wie soll sie das schaffen? Wie soll sie in wenigen Tagen
eine gute Versorgung für den Vater planen?
Zu Hause geht nicht – aber wo soll er hin? Und wer ist zuständig? Und was ergibt überhaupt noch Sinn?
Die Tochter: überfordert. Und das darf sie auch sein.
Denn dafür springt jetzt der Kliniksozialdienst mit ein.
Die Versorgung planen, mit Entlasstag im Blick –
das ist der Job.
Und wir dokumentieren – Schritt für Schritt für Schritt. Und – je nachdem – gehen wir auch mal
einen davon zurück.
Denn während wir
Versorgungsbedarfe ermitteln, zwischen weiteren Aufträgen
von grün-weißen Kitteln, ganz nah am kranken Menschen,
die Familie mitbegleiten – verlaufen wir uns.
Im einem Dickicht aus Vorschriften und Zuständigkeiten –
und stoßen an Grenzen,die nicht Menschlichkeit heißen –
sondern: Datenschutz.
An dessen Bestimmungenwir uns die Zähne ausbeißen.
Und das soll alles so bleiben.
Nein – es soll sich ändern.
Angeblich. Tagtäglich.
Aber – Patientenbezogene Daten per Mail weiterleiten?Um so die Anschlussversorgung vorzubereiten?
Das ist strengstens verboten.
Darauf steht – gefühlt – die Todesstrafe.
Wir müssen die scheintoten Faxe verwenden –
auch wenn sie
den Sendeprozess
niemals vollenden
und immer eine Seite verlorengeht –
in diesem alltäglich,
verwirrenden
Datenschutzkrieg.
Am Mail-Verschlüsselungsdings – daran hängt’s.
Denn:
Ein verschlüsselter Versand ist nicht gegeben –
das, wonach bundesweit alle Kliniken streben.
Mitten unter Menschen,
deren Leben oft verkürzt ist –
trotz und vor allem:
wegen der Erkrankung –
wünschen wir uns als Team
nur ein Quantum
an digitaler Verwandlung.
Ohne Endlosverhandlung
Aber wir verhandeln,
mit der Chefetage –
über die alles entscheidende Frage:
Was,
wenn die Einwilligung des Patienten
vorliegt – er auf Risiken hingewiesen –
ausdrücklich und schriftlich, versteht sich!
Weil mündlich sowieso nicht geht.
Weil der Mann nicht spricht.
Weil sein Kehlkopf vom Krebs zerfressen ist.
Aber:
Die Teufelslist,
die uns tief im Nacken sitzt, widerspricht.
„Nein. Auch dann nicht.“
Datenschutz vor Menschenschutz –
steht natürlich so nicht im Gesetz,
ABER es klebt wie ein Netz als Haltung
über dem starren Apparat der Verwaltung.
Die Systemtat.
Das unausgesprochene Indiz.
Entscheidet – nein:
setzt voraus –
den Platz im Hospiz.
Oder im Pflegeheim.
Oder im vertrauten Daheim.
Wir. Dürfen. Keine. E-Mail …. aus Prinzip nicht.
Auch dann nicht,
wenn der Mensch, um den es geht,
am Lebensende steht.
Auch dann nicht,
wenn der Mensch, um den es geht
selbst zustimmt.
Selbst dann nicht, wenn diese eine Mail –
im Einzelfall den Unterschied macht
gesetzt als Bedingung zur Hospizunterbringung.
Aber:
Die Anschlussversorger brauchen die Daten –
nicht in Raten,
sondern unverzüglich –
und nicht schleichend.
Und wenn wir das nicht begreifen,
medizinische Unterlagen nicht umgehend einreichen –
gerne per Mail –
bitte kein Fax –
dann ist das mit dem Platz im Hospiz:
verpatzt.
Denn:
Wartezeit ist Lebenszeit –
Aber hey: Datenschutz ist ein Muss.
bloß Lebenszeit – hier
kein Gut im Überfluss.
Und wenn unser Fax mal wieder streikt
(und es streikt oft –
eigentlich: immer),
kommt ein Reminder.
Oder der Bestimmer.
Und verlangt – Achtung Wort:
eine einzellizenzpflichtige,
verschlüsselungsgeschützte Speziallösung.
daneben denkt keiner mehr an Genesung –
sondern an: Mord durch Passwort. Aber dasss kennt nur einer.
Und deeeeeen
musst du erstmal finden, (auf dem ganzen Geländer) um es einzubinden.
Klar: Für sichere Datenübertragung ist das vonnöten.
Aber während der Planung
macht es nur eins:
Unsre Nerven abtöten.
Davon mal abgesehen
haben wir unseren Mail-Account.
Mit Passwort.
Es ist ja nicht so,
als würden wir mit Patientendaten
auf riesigen Neonplakaten
durch die Weltgeschichte latschen.
Und ich glaub sowieso schon das ich spinne.
Was heißt denn Datenschutz in diesem Sinne?
Wer soll da eigentlich geschützt werden –
und wovor?
Glauben DIE ernsthaft,
jemand da draußen will einem Sterbenden Menschen
das Lebensende versauen?
Seine Diagnose klauen?
Seine Adresse?
Sein Geburtsdatum?
Ein Hacker, vielleicht
der sich an Metastasen bereichert?
Und sie in einer geheimen Datenbank abspeichert?
Jemand mit einem Faible
für Tumordiagnosen?
Ein Arschloch,
das Datenlecks checkt – und auf die Idee kommt, und damit erpresst.
Gebt mir was –
oder ich sags weiter!“
Nicht deren Ernst –
es klingt eher … nein!
man weiß nicht wie es klinkt,
traurig.
unrealistisch.
Denn es wird nicht abgewogen,
was wichtig – und was realistisch ist.
„Und wer jetzt denkt: darum geht es doch nicht! –
Doch, darum geht es!“
Denn während der Patient sich vielleicht
mit Schmerzen quält –
seine Tochter ihm die Hand noch hält –
überwiegt auch die Angst vor Haftung,
in der letzten Lebensphase,
die nicht vielleicht,
sondern definitiv zählt –
für die Chefetage.
Und vielleicht stellt auch sie das ganze System in Frage:
Trotzdem, oder gerade deswegen dürfen wir keine Mails versenden.
Weil die Angst vor einem Datenschutzverstoß
alles verblendet. Deswegen können wir unsere Arbeit in Echtzeit nicht gestalten, sondern VERWALTEN.VERWALTEN.VERWALTEN –
den Fetisch Papier.
Berge davon – dann stehn wir vor dem Faxkopierer,
immer einen Finger auf dem Dokument,
damit der Einzug stimmt und das
Scheißteil, die Seiten nicht doppelt nimmt.
Unsere Arbeit:
in Staccato. -.-.-.-.-.
Staccatissimo. – . – . – . – . – . – .
Aus Angst vor einem Szenario,
das so absurd ist,
dass selbst Netflix sagen würde
„Unrealistisch. Streichen.“
Und damit sind die Weichen gestellt.
Aber so ist es – weil es des Teufels List ist.
Datenschutz first –
Sicherheit der Oberen,
vor Selbstbestimmung der Kranken und Sterbenden. Menschen.
Was wir wirklich brauchen?
Datenschutz mit Augenmaß –
kein Datentod im Namen des Gesetzes.
Und wehe, du verletzt es.
Wehe, du gehst auf „Mail“ –
auf „Versenden.“
Das wird nicht diskutiert.
Das wird honoriert –
aber nicht mit einem Cookie –
sondern … ihr wisst schon.
Gebundene Hände = Ende Gelände
Dabei wollen wir schützen,
was wirklich zählt.
Nicht Daten
im Dickicht altbekannter Freigaben –
sondern Menschen. In ihrer Würde.
An ihren Lebensgrenzen.
Selbstbestimmt –
an der vielleicht letzten Hürde.
ENDE IM GELÄNDE
-KlrxT ɣ ❤︎