Datenschutz vor Menschenschutz

Ich spreche Klartext – aus einem Krankenhaus.
Dort, wo Menschen unter schweren Erkrankungen leiden,
plötzlich hilflos werden –
und Angehörige nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll, denn schon steht der nächste Schritt bevor:
die Entlassung aus dem Krankenhaus.

Und genau hier kollidiert Datenschutz mit Menschenschutz.
Was eigentlich schützen soll,
blockiert.

Was ich erzähle, basiert auf Erfahrungen und Beobachtungen – meinen eigenen,
und denen vieler Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen/Sozialwesen.

Der Titel lautet:
Datenschutz vor Menschenschutz
und der Text dazu geht so:

Er hat diese Diagnose, die die Mediziner „lebensverkürzend“ nennen –
und mit dem Wort „Lebensqualität“
das kurative vom palliativen trennen.
Oder:
das Gesundwerden
vom frühzeitigen Sterben.

Die Symptome könne man eindämmen,
sagen sie,
und vielleicht
das kleine Stück Leben durch Qualität verlängern.

Aber –mit anderen Worten:
Der Patient ist sterbenskrank.

Und als sie das sagen,
steht seine Tochter
mit dem Rücken zur Wand.

Sie ist blass im Gesicht, denn die Frage nach der Versorgung ist oberste Pflicht –
und steht wie ein starrer Paragraf im Raum.

Nur noch wenig Zeit die ihm bleibt. Aber wie soll sie das schaffen? Wie soll sie in wenigen Tagen
eine gute Versorgung für den Vater planen?

Zu Hause geht nicht – aber wo soll er hin? Und wer ist zuständig? Und was ergibt überhaupt noch Sinn?

Die Tochter: überfordert. Und das darf sie auch sein.

Denn dafür springt jetzt der Kliniksozialdienst mit ein.

Die Versorgung planen, mit Entlasstag im Blick –
das ist der Job.
Und wir dokumentieren – Schritt für Schritt für Schritt. Und – je nachdem – gehen wir auch mal
einen davon zurück.

Denn während wir
Versorgungsbedarfe ermitteln, zwischen weiteren Aufträgen
von grün-weißen Kitteln, ganz nah am kranken Menschen,
die Familie mitbegleiten – verlaufen wir uns.

Im einem Dickicht aus Vorschriften und Zuständigkeiten –
und stoßen an Grenzen,die nicht Menschlichkeit heißen –
sondern: Datenschutz.
An dessen Bestimmungenwir uns die Zähne ausbeißen.

„Und wer jetzt denkt: darum geht es doch nicht! –
Doch, darum geht es!“

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