Manche Dissonanzen hört man erst,
wenn der letzte Ton fehlt
und daraus die Vakanz: in D-Moll entsteht.

Maggie:
Es sind die Tage nach
der brutalen Gewissheit …
die im Innern nachhallt,
wie tiefes Rauschen –
auf eine Weise laut,
bei der ich mir wünschte,
es wär
leise,
harmonisch
und vertraut …
Du bist weg.
Hast dich aus meinem Leben geschlichen –
still und heimlich.
Bist Gesprächen einfach ausgewichen.
Hast getan, als wär ich zu mühsam.
Als wollte ich alles zerreden.
Dabei warst du
der wichtigste Mensch
in meinem Leben.
Du bist gegangen –
für mich
ohne Vorwarnung.
Ich mit null Ahnung.
Außer einem seltsamen Gefühl
und dem Gedanken:
Wenn ich es anspreche,
bin ich wieder
zu viel.
In unserem wochenlangen Urlaub
fühlte ich mich
einsam –
obwohl wir
Zeit gemeinsam verbrachten.
Aber du sagtest mal,
ich sollte mir nicht –
um alles und immer –
so viele Sorgen machen.
Doch:
Das Gefühl
´etwas stimmt nicht´
verstummte nicht.
Wurde Unterton.
Ein Timbre in D-Moll –
dissonant und kraftvoll,
eine Vorahnung,
die mit jedem Tag
weiter anschwoll.
Und nach dem Urlaub
hast du mich ungefragt beiseite gelegt.
Unsre Klangfläche – unbewegt.
Leere Takte.
Hörbare Stille…
Ich sitzte in meiner Wohnung.
Mein Blick fällt auf ein Foto an der Wand –
eine Szene wie aus einem andern Leben.
Dein Lachen,
wie immer so charmant.
Damals haben wir getanzt, die ganze Nacht,
und Musik gemacht.
Harmonie im Takt.
Ein gemeinsamer Schritt.
Was davon übrig ist?
Tiefe Hintergrundmusik –
dissonant.
Ohne Auflösung.
Ein ungelöster Konflikt.
Denn trotz all der Dinge,
die wir gemeinsam hatten,
bleibt diese Melodie
wie ein dichtes Gewächs –
ein Nachtschatten,
der in meinen Gedanken wuchert,
sich durch sie hindurchzieht…
Plötzlich hör ich deine Stimme.
Vom Fenster dringt sie zu mir –
ins zweite Stockwerk hinein.
Ich schaue runter –
zieh den Kopf schnell zurück.
Du bist da. Na klar.
Jeder Mensch ist auf den Beinen.
Alles sprießt.
Es ist Frühling.
Die Kirschblüten laden ein.
Vor meiner Tür:
der Musikertreff.
und du mittendrin.
Unter rosaroten Dächern,
die von hier oben
wie kleine Wölkchen aussehn.
Die Musik,
die ihr spielt,
lädt zum Mitmachen ein.
Sie ist vertraut –
ein Vergnügen unter Blüten,
wie mein zweites Daheim.
Ich hier oben,
neben meinem stillen Instrument.
Du da unten –
gerade jetzt
so präsent.
So präsent wie meine Vakanz
im Kirschblütenlicht.
Weil ich weiß:
Ich war nie für dich,
was du warst
für mich.
Und dann schlägt sie ein –
die Erkenntnis:
Wie ein kunstvoller Wechsel.
Scheinbar taktlos.
Aber nicht lautlos.
Ein Impuls –
klar und deutlich:
der Rückschaufehler,
getarnt als Pralltriller.
Nicht nur einmal –
sondern mehrmals hintereinander.
Schnell und hell.
Trifft das Gewächs
und treibt es an –
mein Gedankenkarussell:
Wie du
schweigende Entscheidungen
getroffen hast,
während ich dachte:
Ich hab es versucht.
Die Illusion
lachte mir ins Gesicht,
als du sagtest:
„Alles ist gut.“
Voller Adrenalin
denk ich an so viele Situationen –
16.00 Uhr-Teestunde,
Umzug am Strand,
Pakete auf der Treppe,
Feierabende – unbekannt …
Und dann:
dein Weggehn –
ohne
Verabschieden.
Damit muss ich leben.
Das hab ich begriffen.
Spätestens jetzt.
Denn dein Schweigen –
es hallt nach,
wie Rauschen
ohne letzten Ton.
Und ich weiß:
Es wird bleiben.
Immer weiter.
Du –
die Endlospause im Loop,
die Vakanz
auf meiner D-Moll-Tonleiter.
-KlrxT ❤︎ ɣ